Fraktion SPD/Unabhängige, Haushaltsrede 2024

Am Montag, 22. Januar 2024 wurde im Gemeinderat Kandern der Haushalt für dieses Jahr verabschiedet. Unsere Fraktionsvorsitzende Gabriele Weber hielt dazu diese Haushaltsrede:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Penner,

Liebe Mitgemeinderätinnen und Gemeinderäte und Ortsvorsteher

Liebe Bürgerinnen und Bürger und Pressevertreter

Es ist seit der HH-Rede 2023 viel geschehen, und jetzt haben wir zusätzlich zum immer noch schrecklichen Krieg in der Ukraine die furchtbaren kriegerischen Auseinandersetzungen in Nahost mit der tiefen Sorge, dass sich das noch ausweiten könnte.

Und da sind diejenigen in unserem Land, die ihre Chance wittern und ergreifen wollen, aus all diesem Leid und auch der Sorgen der Menschen in unserem Land unsere demokratischen Grundwerte mit rechtsnationalen Parolen in Gefahr zu bringen.

Wir dürfen diese Sorgen nicht „kleinreden“, aber relativieren müssen wir sie!

Fakt ist, dass wir auch in unserer Stadt, wie in vielen anderen Gemeinden und auch im Landkreis Abstriche machen müssen, und dass wir nicht alles, was wir geplant haben und erreichen wollen, jetzt realisieren können.

Es war und es ist nicht immer einfach in der Abwägung und Entscheidungsfindung; denn es gilt oftmals zwischen den berechtigten Erwartungen sowie nachvollziehbaren Wünschen einerseits; jedoch den unabweislichen, absolut notwendigen Erfordernissen eine Entscheidung zu treffen.

Das führt zu Enttäuschung, der Wahrnehmung, nicht gehört worden zu sein, oder dem Gefühl der Bevorzugung der Anderen. Das kann ich nachvollziehen, aber ich versichere – und das gilt für alle hier im Gremium – , dass wir mit großer Sorgfalt und im Ringen um die beste Lösung in jedem Haushaltsjahr das auf den Weg bringen wollen, was im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt gegebenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Stadt Kandern möglich ist. Das gilt für die Maßnahmen in jedem jährlichen Haushaltplan ebenso wie für die mittelfristige Haushaltsplanung.

Im Rückblick muss ich feststellen, dass der Haushalt 2024 definitiv einer der schwierigsten ist, den ich bisher in einer Rede kommentiert habe.

Von der Haushaltsklausur im September bis zur Endversion, die im Dezember beraten wurde, gab es viele Beratungen und Diskussionen darüber, welche Maßnahmen und Projekte aufgenommen werden können, welche Maßnahmen gekürzt, und welche geschoben werden müssen bzw. können.

Abstriche machen zu müssen selbst bei wichtigen Vorhaben, notwendige Sanierungsmaßnahmen zum Erhalt bzw. der Verbesserung der Infrastruktur von Straßen und Gebäuden kürzen oder aufschieben zu müssen, Zukunftsplanungen und Entwicklungsoptionen für unseren Einrichtungen im Bereich Soziales, Kultur und Sport aufschieben zu müssen – das will niemand, es tut richtig weh,  doch wir müssen es tun.

Überall hört man davon, dass vor allem in den sogenannten Freiwilligkeitsleistungen gespart oder gekürzt werden muss, um die Pflichtaufgaben erfüllen zu können.

Aber was sind diese Freiwilligkeitsleistungen denn tatsächlich?

Schwimmbad/VHS/Jugendmusikschule/Museum/Kino/Bücherei usw. – all das, was die Stadt lebens-und liebenswert und attraktiv macht – und was wir erhalten wollen und müssen.

Viele Bereiche, in denen sich großes bürgerschaftliches Engagement zeigt und Ehrenamtliche sich einbringen.

Diese dürfen nicht gefährdet werden, auch wenn wir derzeit nicht alles umsetzen können, was wünschenswert, oder wie beim Schwimmbad auch notwendig wäre.

Die Pflichtaufgaben – diese erfüllen wir sehr verantwortlich, und bezogen auf den Bereich Kindergarten und schulische Bildung in hohem Maße, z.B. durch bereits jetzt laufende Vorbereitungen auf den gesetzlichen Anspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule ab 2026.

Für die Pflichtaufgabe Feuerwehr sind Mittel eingestellt, um die zeitgemäße Ausstattung zu gewährleisten.

Personal – die Steigerungen in den Personalkosten sind deutlich, was zum größten Teil durch die Tarifsteigerungen begründet ist. Wir müssen uns immer wieder anhören, dass wir zu viele Stellen schaffen würden. Hier ist es mir wichtig und ich betone, dass wir als Gemeinderat einerseits dazu verpflichtet sind, unsere Mitarbeiter/innen leistungsgerecht zu vergüten, aber auch dazu, eine der Aufgabenfülle entsprechen Stellenanzahl zu schaffen.

Bürokratie-Abbau? Das wäre schön, aber solange die Normen gelten, müssen wir ihnen entsprechen. Daher können wir nur hoffen, dass die Stellen auch besetzt werden können, was in der derzeitigen Knappheit an Fachkräften auch im Verwaltungsbereich sehr schwierig ist.

Einnahmen – Ausgaben

Fakt ist, dass sich die Einnahmen der Kommunen durch Zuweisungen nicht in den Maße erhöhen, wie es die den Kommunen von Bund und Land aufgebürdeten Aufgaben eigentlich erfordern würden.

Die deutlich gestiegen Ausgaben des Landkreises im Sozialbereich führen zu einer Erhöhung der Kreisumlage. Aber selbst diese Erhöhung deckt noch nicht voll den Sozialhaushalt des Kreises.

Wir konnten hören und lesen, dass viele Kommunen daher bemüht waren, und etliche auch entschieden haben, in den für sie möglichen Direkteinnahmen wie Grund-und Gewerbesteuer sowie den Gebühren für kostenrechnende Einrichtungen zum Teil deutliche Erhöhungen vorzunehmen.

Wir haben die Erhöhung der Sätze in der Grundsteuer und der Gewerbesteuer auch in diesem Jahr nicht vorgenommen;  allerdings müssen wir dies für den Haushalt 2025 in den Blick nehmen, was nach den derzeitigen Hebesätzen die wir seit vielen Jahren – seit 2004! – gleich gehalten haben, verantwortbar ist.

An der „Gebührenschraube“ haben wir auch nicht gedreht, auch wenn wir die Kindergartengebühren erhöht haben. Wobei betont werden kann, dass selbst nach dieser Erhöhung der Kostendeckungsgrad durch Elternbeiträge mit 15 % noch weit entfernt ist vom eigentlich auf 20% empfohlenen und auch für Kandern festgelegten.

Die Gebühren für Wasser und Abwasser werden im zweijährigen Turnus exakt berechnet und angepasst – wir müssen hier dem Prinzip der Kostendeckung folgen.

Zu den Ausgaben bzw. den im Finanzhaushalt eingestellten Mitteln möchte ich nur zwei Positionen aufgreifen:

Rathauserweiterung – diese erfolgt mit absolutem Augenmaß und auf das beschränkt, was ein zeitgemäßes Verwaltungsgebäude, das auch für alle Bürgerinnen und Bürger in ihren Anliegen durch die Barrierefreiheit gut geeignet ist, erfordert. Für dieses „Augenmaß“ bedanke ich mich bei der Bürgermeisterin und den Mitarbeitern sehr.

Mittel für den Ankauf des Gebäudes im Kindergarten in Feuerbach wurden eingestellt, falls es der Eigentümer und der Träger so akzeptieren bzw. wünschen als Finanzierungsmodell.  Dies ist die unseres Erachtens am besten geeignete Form, den Verein in der Weiterführung der Einrichtung zu stützen.

Zu den Ausgaben/Positionen im Ergebnishaushalt

Es ist bedauerlich, dass wir die Mittel für den Bereich Straßenunterhalt einmal wieder kürzen mussten, und dass wir auch nicht alle Maßnahmen einstellen konnten, die angemeldet wurden. Wenn jedoch alles, was im Haushalt 2024 eingestellt ist, und was an Maßnahmen aus den Vorjahren noch offen ist, in 2024 tatsächlich umgesetzt werden könnte, dann wären wir ein gutes Stück weiter.

Fazit in Kürze

Der Ergebnishaushalt 2024 weist ein Defizit von -1.28 Mio. € aus

Der Finanzhaushalt sieht einen Finanzierungsrahmen von 2,21 Mio. € für investive Maßnahmen vor.

An liquiden Mittel sind zum Jahresbeginn 2024 zwar 3,75 Mio. € verfügbar, diese vermindern sich jedoch, sodass zum Jahresende 2024 bezogen auf den HH 2025 nur noch von einer verfügbaren Restliquidität von ca. 1,37 Mio. €  von der dann ca. 1 Mio. € für Investitinen zur Verfügung stehen würden, ausgegangen werden muss. Das wird mit Blick auf 2025 und die weiteren Haushaltsjahre extrem schwierig werden in der Finanzierung von Maßnahmen.

Positiv ist: es wird nach derzeitigem Ermessen 2024 keine Kreditaufnahme erforderlich sein und der Haushalt ist erwartbar so genehmigungsfähig durch die Kommunalaufsicht.

Dass wir dies am Ende der Beratungen so auf den Weg bringen können, verdanken wir einem hochkompetenten Kämmerer, Ihnen Herr Merkel, Ihrer Umsicht und Ihrem Einsatz in den letzten Monaten.

Doch auch die „Haushaltspolitik“ mit Augenmaß hier in Kandern mit der Maxime: „Spare in der Zeit, dann hast Du die Chance, auch schwierige Phasen zu überstehen“, hilft in der aktuellen Lage. Den Gürtel enger schnallen, das mussten wir schon oft; wie eng er noch werden wird?

Ausblick auf Aufgaben und Anliegen, die nicht primär haushaltsabhängig sind:

  • Jugend

Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, um unter Einbeziehung der durchaus motivierten jungen Menschen das Angebot in der offenen Jugendarbeit neu aufzustellen, und um das Jugendzentrum wieder zu einem Ort zu machen, an dem alle gerne zusammenkommen in altersbezogen passenden Angeboten.

  • Senioren

Im zurückliegenden Jahr war es nicht gelungen, die Akteure der vielfältigen Angebote für Senioren in Kandern zusammen zu bringen, um gemeinsam zu betrachten, was für die Zukunft wichtig ist, bzw. was erweitert oder verbessert werden sollte. (auch unter dem Stichwort „Barrierefreiheit im öffentlichen Raum“). Das wünschen wir uns für 2024.

  • Integration der geflüchteten Menschen

Sowohl in der Gemeinschaftsunterkunft als auch in der Anschlussunterbringung leben Menschen, deren bedrohte Lebenssituation – ob durch Krieg oder Verfolgung – wir uns kaum vorstellen können.

Und ja! Die Unterbringung, Betreuung und Integration stellt uns zunehmend vor nur schwer lösbare Aufgaben.

Deshalb möchte ich hier Dank und Hochachtung aussprechen für alle, die das als berufliche Aufgabe in der Verwaltung, als Heimleitung oder Integrationsmanager bewältigen. Jedoch wäre dies ohne das Mitwirken der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer im Netzwerk Integration Kandern gar nicht möglich, und denen gilt es besonders zu danken.

In jeder Haushaltsrede sprechen wir unseren Dank aus.

Beginnen möchte ich heute mit Ihnen, Frau Bürgermeisterin Penner.

Sie binden uns immer frühzeitig ein und praktizieren in hohem Maße Transparenz in den Verläufen der Maßnahmen. Kritischer Diskurs und Hinterfragen sind für sie selbstverständlich, und im Sinne lösungsorientierter Entscheidungsfindung können wir gemeinsam zu Ergebnissen kommen – nicht immer mit einstimmigen Beschlüssen, aber für alle akzeptabel.

Dass die Mitarbeiter in der Verwaltung – in allen Ressorts – viel zu bearbeiten und zu bewältigen haben, wissen und schätzen wir.

Und wenn ich unseren Dank ausspreche an Sie, Frau Brosig-Mies, an Sie Herr Merkel und an die beiden Leitungen im Bauamt, Frau Kovac und Herrn Heizmann, dann schließt das alle ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Ämtern der Verwaltung, dem Werkhof, dem Eigenbetrieb Wasser /Abwasser und dem Forst ein.

Allen Mitarbeiterinnen in unseren Kindergärten danken wir für die tägliche Arbeit mit und für die Kinder unter oftmals erschwerten Bedingungen wegen der knappen Personalsituation.

Der Dank an die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich einbringen in den sozialen, kulturellen und sportlichen Angeboten darf hier nicht fehlen; und es sind viele Menschen, die ohne besonderes Aufheben zu machen, helfen und stützen.

Dank auch den Mitgliedern des Werberings und allen Betrieben in dieser Stadt für ihr Engagement.

Nun schaue ich in das Ratsrund, das sich zum Sommer 2024 verändern wird.

Ganz persönlich Danke ich Euch allen für die offene und gute Zusammenarbeit.

Hier hört man sich zu, hier wird die Meinung des anderen, auch wenn sie nicht der eigenen Meinung entspricht, respektiert. Und auch wenn Mehrheitsbeschlüsse nicht der eigenen Position entsprechen, vergreift sich keiner im Ton.

Dieses demokratische Miteinander tut gut!

Schließen möchte ich mit einer Bitte an uns alle in Kandern.

Es werden für uns in der Stadt, im Landkreis, Land und Bund schwierige Zeiten anstehen, die wohl auch zu Kontroversen und Dissens führen werden.

In unserem Gemeinwesen baue ich darauf, dass wir das – wie bisher immer – mit gegenseitiger Achtung und der Wahrung demokratischer Grundsätze tun.

Und wir werden die Grundwerte unserer Demokratie, die es zu bewahren gilt, mit aller Kraft verteidigen. Dazu sind wir alle gemeinsam aufgerufen – auch hier in Kandern – und wir schaffen das!

Für die Fraktion                                                     gez. Gabriele Weber